Teekulturen aus aller Welt

Innerhalb der letzten Jahrhunderte trat der Tee eine lange Reise rund um die Welt an und konnte sich mittlerweile in zahlreichen Ländern als beliebtes Heißgetränk etablieren. Auch hierzulande genießt man insbesondere in Ostfriesland eine ganz besondere Teekultur rund um Kluntje und Rohm – doch auch in Großbritannien, Irland, Russland und gerade im weit entfernten Asien zelebrieren Menschen aus allen Bevölkerungsschichten ihren Teegenuss auf unterschiedliche Weise. Wir möchten den Gewohnheiten der Teefreunde aus aller Welt auf den Grund gehen und haben dabei Briten, Chinesen, Japanern, Tibetern und auch den Ostfriesen in die Tasse geguckt – mit interessanten Ergebnissen.

Unsere Reise um die Welt beginnt in Deutschland…

…genauer gesagt am nördlichsten Zipfel Deutschlands, in Ostfriesland. Hier sind die größten Teeliebhaber Deutschlands zu Hause: Im Durchschnitt genossen die Ostfriesen im Jahre 2012 ganze 300 Liter Tee pro Kopf, was etwa dem Zwölffachen des gesamten deutschen Teekonsums entspricht. Die Liebe der Ostfriesen zum aromatischen Heißgetränk findet ihre Wurzeln im frühen 17. Jahrhundert: Während bis zu diesem Zeitpunkt in Ostfriesland in erster Linie Bier genossen wurde, gelang es ostfriesischen Schiffern, die ursprünglich im Auftrag der Niederländer unterwegs waren, auch die Deutschen mit dem aromatischen Getränk vertraut zu machen, das bislang nur wenige Europäer genießen konnten. Im Laufe der Zeit etablierte sich der Teegenuss an der Nordseeküste immer mehr – bis zum Scheitern der ostasiatischen Handelskompanie im Jahre 1768. König Friedrich II. versuchte, den Ostfriesen das Teetrinken abzugewöhnen und wollte den Bierkonsum im Land steigern – sehr zum Missfallen der Bürger, die mit Schmuggel und zivilem Ungehorsam reagierten. Schließlich lenkte Friedrich II. ein und gewährte den Ostfriesen erneut den Teegenuss, der bis zum heutigen Tage tief in der Kultur des norddeutschen Volkes verwurzelt ist und damit sogar eine eigene Teekultur hervorbringen konnte.

Die ostfriesische Teekultur rund um Kluntje und Rohm

Die Teezeremonie, die im Norden Deutschlands auch als Teetied bekannt ist, gehört wesentlich zur Teekultur der Ostfriesen. Nicht nur Einheimische, sondern auch Zugewanderte sind mit den Gegebenheiten vertraut und laden Gäste auch gern spontan zum Teetrinken ein, das gern auch mal drei Stunden dauern kann. Hierbei ist die richtige Zubereitung des Tees von größer Wichtigkeit: Zunächst wird die Kanne mit kochendem Wasser ausgespült und damit aufgewärmt, bevor der Ostfriesentee (meist eine Mischung aus verschiedenen Schwarzteesorten) in den warme Kanne gegeben wird. Hierbei gilt in der Regel: Ein Teelöffel pro Tasse und ein Extra-Löffel „für die Kanne“. Daraufhin wird die Kanne zur Hälfte mit warmem Wasser befüllt und der Tee zieht etwa drei bis vier Minuten bei geschlossenem Deckel. Daraufhin wird die Kanne aufgefüllt und der Tee ist fertig.

Bevor man den gesiebten Tee in die Tasse füllt, wird der Kluntje (ein großes Stück Kandiszucker) in die Tasse gelegt. Gießt man den Tee schließlich ein, beginnt der Kluntje zu knistern – doch hier ist die Teezubereitung der Ostfriesen noch nicht zu Ende: An dieser Stelle wird mit dem „Rohmlepel“, dem Sahnelöffel, ein Tropfen Sahne hinzugefügt, der schließlich eine charakteristische Sahnewolke bilden soll. Getrunken wird der Tee schließlich ohne Umrühren – so kann der Tee in „Schichten“ genossen werden: Zunächst genießt man das herbe Aroma des Schwarztees vom Tassenrand, dann den milchigen Geschmack aus der Mitte der Tasse und zum Schluss den süßen Tee vom Tassengrund. Diese Methode entstand, als man den teuren Kluntje für mehrere Tassen Tee verwendete und so verhindern musst, dass sich der Zucker beim Umrühren auflöst – außerdem wäre somit die „Schichtung“ der Geschmacksrichtungen verloren gegangen und der Tee hätte zu süß geschmeckt.

Die britische Teekultur – mehr als nur „five o’clock tea“

Die Briten sind in aller Welt für ihre strenge Teekultur bekannt, die keine Fehler oder Missgeschicke billigt – dies gilt jedoch nur für den formellen Afternoon Tea, bei dem häufig auch zahlreiche Gäste eingeladen werden, die dringend die vorherrschenden Etikette beachten sollten. Abgesehen vom Afternoon Tea genießen die Briten bereits seit dem 17. Jahrhundert ihren liebsten Tee (meist den bekannten Earl Grey) zu verschiedenen Tageszeiten: Der Early Morning Tea wird beispielsweise noch vor dem Frühstück genossen, meist ganz gemütlich im Bett. Der Light Tea ist hingegen ein Nachmittags-Tee, der mehr oder weniger auf das Mittagessen folgt. Zwischen 15 und 17 Uhr wird daraufhin meist der Afternoon Tea an einem speziellen Teetisch serviert – zu diesem Tee werden meist sowohl herzhafte Snacks wie Sandwiches als auch süßes Gebäck wie Scones gereicht. Der High Tea wird daraufhin meist am Esstisch zwischen 17 und 19 Uhr genossen.

Dabei ähnelt die britische Art der Teezubereitung der ostfriesischen: In der Regel schwarzer Tee wird hierbei in die Kanne gegeben und mit heißem Wasser überbrüht – unter Umständen wird im Laufe der Zeit auch noch heißes Wasser nachgegossen. Auch in Großbritannien ist es üblich, den Tee mit Milch zu genießen – ob jedoch zuerst der Tee oder die Milch in die Tasse gegossen werden sollte, darüber scheiden sich die Geister.

Die wohl älteste Teekultur stammt aus dem fernen China

China ist als das Mutterland des Teeanbaus bekannt – Menschen haben hier bereits um 221 v. Chr. die ersten Tees genossen und dabei verschiedene Rituale entwickelt, die sich bis heute von Region zu Region unterscheiden. Fest steht dabei, dass der Teegenuss in China zahlreiche soziale Aspekte mit einer gesunden Lebensweise verbindet. Chinesen genießen ihren Tee dabei meist in drei verschiedenen Formen:

  • Der Schule des gesalzenen Pulvertees
  • Der Schule der geschäumten Jade
  • Der Schule des duftenden Blattes

Die chinesische Teekultur wurde zwar nicht so weit entwickelt wie die japanische, allerdings ist der Genuss eines guten Tees nach wie vor stark mit der Kultur des Landes verbunden. Für verschiedene Arten der Teezeremonie werden unterschiedliche Teesorten verwendet – die bekannteste dieser Teezeremonien ist die Gongfu Cha, bei der der Teemeister die Schalen und die Kanne zunächst mit heißem Wasser reinigt. Daraufhin werden Oolong-Blätter in die Teekanne gegeben und mit heißem Wasser übergossen – dies ist der „Aufguss des guten Geruchs“. Er dient dazu, die Blätter zu öffnen und die Bitterkeit der späteren Aufgüsse zu mildern und wird nicht getrunken. Der Teemeister füllt die Teekanne daraufhin ein zweites Mal und lässt den Tee daraufhin zwischen 10 und 30 Sekunden lang ziehen – dies ist der „Aufguss des guten Geschmacks“. Der Tee wird schichtweise in jedes Schälchen gefüllt, damit die Qualität des Tees für jeden Gast gleich bleibt. Diese Aufgüsse werden daraufhin bis zu 15 Mal wiederholt und bilden die „Aufgüsse der langen Freundschaft“. Der Tee wird bei jedem Aufguss etwa 10 Sekunden länger ziehen gelassen, was einen ganz besonderen Teegenuss verspricht.

Tee für Körper und Geist in Japan

Die japanische Teekultur entspringt grundsätzlich der chinesischen Teekunst – allerdings haben die Japaner den Teegenuss im Laufe der Jahre weiter verfeinert und mit dem Zen-Buddhismus verbunden, um die Achtsamkeit im Alltag mit einer teilweise stundenlangen Teezeremonie zu schulen. Dabei wird auch hier zwischen den drei Schulen und zwischen vier Arten der Teezeremonie unterschieden, die sich allesamt durch verschiedene Details und Regeln auszeichnen, mit denen sowohl der Teemeister als auch die Gäste vertraut sein sollen. Zu diesen Details gehören unter anderem die zu tragende Kleidung, die Mahlzeiten, die gereicht werden und selbst das Blumenarrangement, das genau festgelegt wird. Auch das Teehaus, in dem der japanische Tee genossen wird, wird stets nach strengen Vorgaben errichtet, um den unterschiedlichen Teezeremonien und ihren Voraussetzungen gerecht zu werden.

Für europäische Gaumen ungewohnt: Tee in Indien

Im fernen Indien sind Teezeremonien weitaus seltener und weniger umfangreich zu finden – stattdessen zeichnen sich indische Tees insbesondere durch exotische Geschmacksnoten aus, die für europäische Gaumen sehr ungewohnt sein können. So wird Tee in der indischen Himalaya-Region beispielsweise mit Ziegenmilch und Salz verfeinert oder auf aromatisch-würzige Weise mit süßen, cremigen Noten serviert – Zucker und Milch dürfen dabei ebenfalls bei keinem indischen Tee fehlen. In Indien genießt man Tee darüber hinaus unabhängig von den Tageszeiten, sondern stattdessen eigentlich rund um die Uhr. Der indischen Teekultur entspringt indes auch der Chai Latte, der sich selbst hierzulande mittlerweile einer steigenden Beliebtheit erfreut und sich durch eine ausgewogene Mischung aus Kardamom, Nelken oder Anis und Milch auszeichnet.

Auch in Tibet wird oft und gern Tee genossen

Ist man bei Tibetern zu Gast, kann man einen ganz besonderen Tee genießen, dessen Zubereitung in erster Linie durch die chinesische Teekultur beeinflusst wird. Im Laufe der Zeit hat sich in Tibet jedoch ein ganz eigenes Getränk entwickelt, für welches das kleine asiatische Land bekannt ist: Der Buttertee wird mehrmals am Tag getrunken und mit Teeziegeln, Butter und Salz zubereitet. Diese Teeziegel bestehen aus Teepulver, das mit Reiswasser gemischt, daraufhin zusammengepresst und getrocknet wurde – diese Ziegel werden mit heißem Wasser aufgekocht, in ein Holzgefäß gegossen und mit Salz und Butter verrührt. Der Gast trinkt den Tee in kleinen Schlucken und lobt ihn ausgiebig als Zeichen der Höflichkeit und Dankbarkeit. Ist die Tasse schließlich zur Hälfte geleert, wird sie direkt von den gastfreundlichen Tibetern nachgefüllt, was auch zu tibetanischen Teekultur gehört – ebenso wie die Milch und Butter vom Yak, mit denen der Tee verfeinert wird.

Einige abschließende Worte zur Teekultur in aller Welt

Nicht nur in Asien, Ostfriesland und Großbritannien, sondern auch in Russland und im Orient werden unterschiedlich umfangreiche Teekulturen zelebriert, die sich allesamt durch verschiedene Merkmale auszeichnen und zur Vielfalt unseres blauen Planeten beitragen. Sich mit diesen Teekulturen auseinanderzusetzen ist bereits der erste Schritt in die richtige Richtung, doch um die Liebe zum Tee verstehen zu können, die Chinesen, Japaner, Russen, Ostfriesen und Türken hegen, muss man die verschiedenen Teezeremonien am eigenen Leibe erleben und dabei mit der vielfältigen Kultur der verschiedenen Länder unserer Welt verschmelzen.